A A A

Die Birschel - Mühle steht auf einem geschichtsträchtigen Boden.
In dem Gebiet der heutigen Stadt Hattingen strömt die Ruhr durch eine bis zu einem Kilometer breite Talaue, die wechselweise an beiden Seiten von schroffen Steilhängen begrenzt wird. Ihre Überquerung gestaltete sich in früheren Zeiten recht schwierig, da der Fluss den Charakter eines echten Gebirgswassers hatte. In der Nähe der Birschel-Mühle gab es die Möglichkeit die Ruhr zu durchqueren.

Darum entstand hier im Mittelalter das Rittergut Haus Kliff (Klyft).


Vom Rittergut Haus Kliff zur Birschel-Mühle

Um 1335 legte Graf Adolf II. von der Mark den Grundstein für Haus Kliff. Die Herren von Haus Kliff waren viele Jahrhunderte die Schultheißen des Hofes Hatneggen (daher der Name Hattingen). Sie wachten über die Ruhrquerung (zunächst als Furt, später als Brücke) am kleinen Hellweg von Köln nach Münster.

Im 13. Jh. ließen die Grafen von der Mark an dieser Stelle eine Holzbrücke über den Fluß legen. Das auf schweren Eichenständern errichtete Bauwerk trug einen hölzernen Oberbau, der in Kriegszeiten oder bei Hochwasser abgenommen werden konnte.
Bereits im Jahre 1335 wurde hier auch eine Getreide-Mühle betrieben. Für die Bauern war es Pflicht, ihr Korn dort mahlen zu lassen. Der Müller erhielt ein Zwanzigstel des gemahlenen Kornes als Lohn. Diese Mühle war durch Eisgang auf der Ruhr eines Winters zerstört worden. Daher schloss der Graf mit Johannes Weite als Besitzer von Haus Kliff einen Vertrag über die Zusammenlegung der Mahlpflichtigen, die nun alle zur Weiten Mühlen von Haus Kliff zum Mahlen gehen mussten. Bei Bauarbeiten im Jahre 1958 wurden Spuren der Mühle wiederentdeckt.

Johann Diedrich von Syberg erwarb Mitte des 17. Jahrhunderts Haus Kliff.  Später erbten die Freiherren von Heiden-Hovestadt den Besitz. Es existieren Berichte, wie die Herren für die Kohlentransporte entlang der Straßen Wegezoll erhoben. Wer sich diesem entziehen wollte, wurde nicht selten unter Anwendung körperlicher Gewalt dazu gezwungen.

Die letzten Besitzer verarmten und die Burg verfiel.
1877 wurde Haus Kliff aus der Reihe der Rittersitze gestrichen.
Das Burggelände ging 1880 durch Versteigerung  an die Familie Birschel.

Von der alten Burg sind bis heute nur einzelne Mauerreste erhalten geblieben. Ein Giebelbalken des Hauses mit Inschriften befindet sich im Hattinger Heimatmuseum. Bei Aushubarbeiten im August 2006 wurden Mauerreste freigelegt, die belegen, dass es neben dem eigentlichen bekannten Burggebäude auch eine so genannte Vorburg gegeben haben muss, die wahrscheinlich schon zum Ende des Hochmittelalters an Bedeutung verloren hat.

Über das mittelalterliche Rittergut gab und gibt es im Hattinger Raum zahlreiche Sagen. Eine besagt, dass der Niedergang des Hauses auf den Übermut einer Herrin zu Kliff zurückzuführen ist; eine andere berichtet von gespenstischen Vorgängen in der alten Mühle.

Ab 1780 wurde die Ruhr schiffbar gemacht.
Im Jahre 1820 erbaute der Besitzer des Hauses Kliff die Hattinger Schleuse an der Ruhr aus Stein, um Kohle auf der Ruhr schiffen zu können.


Die Getreidemühle

Bereits im Mittelalter hatte es am heutigen Ruhrwehr eine Kornmühle gegeben, die der Hattinger Adelssitz "Haus Cliff" besaß und deren erste urkundliche Erwähnung aus dem Jahr 1335 stammt. Für die Bauern war es Pflicht, ihr Korn dort mahlen zu lassen. Der Müller erhielt ein Zwanzigstel des gemahlenen Kornes als Lohn. Bis 1815 wurde in der Mühle Korn gemahlen, danach eine Gewehrfabrik eingerichtet.

1861 erwarben die Brüder Birschel die Gebäude, bauten den Mahlbetrieb aus und installierten eine Turbine. Später kam eine Dampfmaschine hinzu. 1893 erhielt das Werk sogar ein Anschlussgleis zum Bahnhof Hattingen. Der Betrieb florierte, nicht zuletzt im Zusammenhang mit dem wirtschaftlichen Aufstieg von Hattingen und Umgebung.
1902 ließ Gottlieb jun. Birschel die Gebäude abreißen und einen Neubau errichten. Typisch für den im "Tudor"-Stil erstellten Backsteinbau sind Verzierungen in verschiedenfarbigen Ziegeln sowie Türmchen und Zinnen.

1904 folgte der Bau eines Getreidesilos im gleichen Stil. Wie eine Trutzburg wirkte der Komplex zwischen Fluss und Stadt.
Direkt daneben entstand auch die Fabrikantenvilla.

Mit einer Wasserturbine erzeugte Birschel Strom, der von der Stadt Hattingen für die Beleuchtung der nahen Ruhrbrücke abgekauft wurde. Nach dem 2. Weltkrieg, im Rahmen des allgemeinen Mühlensterbens, wurde das Werk 1955 geschlossen.


Die Ruhrverlegung

Das Wirtschaftswunder nach dem 2. Weltkrieg löste eine stetig steigende Nachfrage nach Ruhrstahl aus. Dies machte die Erweiterung des Betriebsgeländes der Heinrichshütte erforderlich.

Im Jahr 1956 wurde die Ruhrverlegung beschlossen und am 21. Mai 1959 begann man die Ruhr zu verlegen. Vom Schepmannschen Hof am rechten Ruhrufer (nahe Westenfeld) bis zum Ruhrwehr wurde ein neues Flussbett ausgebaggert und der alte Ruhrbogen entlang der Hütte zugeschüttet. Schweres Gerät kam dabei zum Einsatz, u.a. je nach Bedarf 60 bis 75 Lkw. Ab dem 1. November 1959 befand sich die Ruhr in ihrem neuen, etwa 1,5 Kilometer langen Bett. Der Fluss verkürzte sich dadurch um einige hundert Meter.

Es war seit der Gründung der Hütte der größte Eingriff des Menschen in die natürliche Landschaftsform des Ruhrtals. Alle bisher landwirtschaftlich genutzten Flächen konnten nun zu Industriegelände umgewandelt werden. Das Gelände der Hütte wuchs von etwa 830.000 Quadratmeter auf 1.31 Millionen Quadratmeter. Das erweiterte Werk war lange Zeit das größte Unternehmen im mittleren Ruhrtal.

Durch diese Maßnahme hat sich die Ruhr-Lage der Birschel-Mühle verändert. Lag sie früher direkt neben dem Fluss so schaut man jetzt auf den sogenannten toten Ruhrarm der sich vor der Birschel-Mühle wie ein wunderschöner idyllischer See erstreckt.

Die Ruhr um 1840

Die Ruhr nach der Verlegung (Karte um 2000)


Der Umbau zur heutigen Birschel-Mühle

Im Jahr 1999 begann nach langjähriger Planung der Umbau der alten Getreidemühle und des Kornspeichers.

Es entstanden 43 Wohnungen, die alle barrierefrei sind und mit einem Service-Wohn-Konzept, das besonders auf Bedürfnisse von Senioren abgestimmt ist, ein selbstbestimmtes Wohnen bis ins hohe Alter ermöglicht.  Dieser Umbau entstand in enger Zusammenarbeit mit der Denkmalbehörde. Es ist ein gelungenes Beispiel für einen erfolgreichen Denkmalschutz.

Aus dem Erdgeschoß des Maschinengebäudes und den angenzenden Werkstatträumen entstand das Cafe-Restaurant "daMario" und der Veranstaltungsbereich "Business&Art" mit einem traumhaften Ambiente und einem wunderschönen Blick über die Ruhr.

Auch die alte Turbine, die früher die Mahlwerke angetrieben hat, wurde wieder instandgesetzt. Mit ihr wird heute Öko-Strom erzeugt und ins öffentliche Netz eingespeist.
Der Teil zwischen dem Mühlen- und dem Silogebäude wurde abgerissen. Hier entstand das neue Treppenhaus mit den beiden Aufzügen.